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Montag, Dezember 11, 2023

Mein freier Tag

habe ich es nicht geschafft.

Aufgeweckt wurde ich von Chris, mit "Highway to Hell" von AC/DC und einem breiten Grinsen im Gesicht. Also gut, raus aus der Holzkiste. Unser Meister Youlihan ist heute nicht da, denn er nimmt an einem Nationalen Tui-Shou Wettbewerb teil und kommt erst am Sonntag zurück. Das bedeutet für mich, das mich einer seiner Meisterschüler ausbilden wird.

Nach dem Frühstück, bei dem ich nur zugeschaut habe (hatte keinen Appetit auf Kürbisreis) ging es los. Wir gingen von der Akademie gelassen zur Hauptstraße, damit wir den nächsten Bus in die Stadt nehmen konnten. Ich hatte kein Geld mehr und musste zur China Bank um 100 €uro zu wechseln.

In China geht das so: Erstmal einige Formulare ausfüllen. Nach einer eingehenden Kontrolle meiner Geldscheine, die insgesamt durch drei weitere Mitarbeiter bestätigt wurde, bekam ich endlich nach 45 Minuten das Geld. "Das ist sogar schnell" sagte mir Peter, der auch dabei ist. "Normal sind es immer eineinhalb Stunden." Ich verstehe das ganze nicht, vielleicht ist es auch gut so.

Mit frischem Bargeld ausgestattet fuhren wir mit dem Bus zum Haupteingang zu den Wudang Tempel -The Wudang Mountains. Ja, auch hier kostet natürlich alles Geld. Erst mussten wir ein Ticket kaufen. Die Kassiererin fragte: "Tageskarte oder Jahreskarte?" Peter versteht natürlich Chinesisch und sagte dann zu mir, das die Tageskarte 200 Yuan und die Jahreskarte 240 Yuan kostet. Das sind umgerechnet etwa 37 €uro. Da musste ich nicht lange überlegen und sagte zu ihm, sie soll mir die Jahreskarte geben. Vielleicht komme ich nächste Woche wieder vorbei. Danach zum anderen Schalter, dort wird mein Ticket bearbeitet. Nach einem Stempel weiter zum nächsten Schalter, da wird die Jahreskarte vorbereitet. Langsam bekomme ich hier einen Vogel. Beim nächsten Schalter wird endlich der Barcode eingeschweißt, dann schnauzt mich noch die Mitarbeiterin an. Ich schaue Peter an, was die nun von mir will. Peter hebt die Schulter und sagt er versteht sie nicht. Endlich zeigt sie mir einen 10 Yuan Schein und nun weiß ich was sie will, Bearbeitungsgebühren. So, nun zur nächsten Kontrolle, ob nun auch das Jahresticket passt. Wir kommen an eine Schranke, mein Pass wird verlangt und das Ticket wird eingescannt. Endlich fertig.

Wir gehen zum ersten Bus, der fährt nur einen Teil der Strecke ca.30 Minuten. Danach umsteigen zum nächsten Bus, der fährt auch nochmal 20 Minuten. Endlich sind wir da, am berühmten Nam Yan Tempel.

Wer nicht weiß was das ist: Das ist die komplette Tempelanlage, in der der Film Karate Kid gedrehtEin freier Tag wurde. Es ist die Wiege des Kung Fu, die Geburtsstädte des Tai Chi Chuan und der inneren Kampfkünste. Überwältigend. Das Naturschauspiel mit den Anlagen, die komplette Atmosphäre ein einziger Traum. Ich kann es leider nicht mit irgendwelchen Zeilen beschreiben, vielleicht sagen Fotos mehr wie Worte. Endlich da, wo die Großmeister des Kung Fu trainiert haben und ihre Kampfkünste gehütet haben wie einen Schatz, und das über hunderte von Jahren. Es ist schon der Wahnsinn, das erst vor 30 Jahren fremde Leute zum trainieren kommen durften. Davor wurden hier fremde Personen, an diesem Heiligen Ort, nicht geduldet. Es wurde von zwei Dynastien regiert, einmal von der Ming und einmal von der Jinjing Dynastie.

Es kamen im Laufe der Jahrhunderte mehrere Persönlichkeiten an diesen Ort, um dieses Kulturerbe noch zu veredeln. Einer davon war LAO TZE, den wird ja jeder kennen? Er ist der Autor des berühmten Buches Tao The Ching. Er ist der göttliche Meister des Taoismus, wörtlich übersetztPurpurtempel bedeutet der Name LAOTZE: Alter weiser Mann. Der nächste ist ZHAN SAN FENG. Er war ein Eremit, der im 11.Jahrhundert in den Höhlen des Wudang lebte. Er war der Entwickler des Tai Chi Chuan in dem er einen Kampf von einer Schlange und einem Kranich beobachtete. Die dritte wichtige Persönlichkeit war ZHEN WU. Er war ein Taoistischer Eroberer, bis er sich eines Tages in den Wudang Bergen niederließ um den Sinn und die Erleuchtung durch den Tao zu erlangen. Das war nur ein kleiner Teil der Geschichte der Wudang Tempel.

Also gingen wir zur ersten Tempelanlage. Dieser Tempel hat keinen Namen, da alle Tempel zusammen den Namen Nam Yan haben. Ausgenommen der Goldenen Tempel oben auf der Bergspitze. Ich nenne diesen Ort der Tempel mit der Schildkröte.

Ich wollte hoch zum goldenen Tempel, aber keiner wollte mit mir mit. Warum? Es ist eine Herausforderung für jeden. Ok, kann doch nicht so schlimm sein, dachte ich mir. Die anderen fragenMein freier Tag mich, ob ich denn weiß was da auf mich zukommt? Nein. 12000 Stufen mit einer Neigung bis über 45 Grad. Das sind doch mal Argumente.

Wir gingen danach in einen Teeladen. Dort wurde uns traditionell Tee zubereitet. Ein Grüner Tee mit Gingseng. Diesen Tee gibt es nur hier zu kaufen, sonst nirgends wo, und heißt eigentlich Tao Chai. Ein kräftiger Geschmack mit einer süßen Note.

Anschließend sah ich mir die schönen Kalligraphien an, wahrliche Meisterwerke. Nun wollten alle anderen zum "purpurnen Tempel der zum Himmel steigt", welcher von zwei Tempelhunden bewacht wird. Der Tempel ist sehr von Touristen überlaufen, da die meisten es sich nicht zutrauen höher zu gehen. Hier werden auch die meisten Blockbuster gefilmt und Dokumentationen vorbereitet.

Ich gehe durch die Anlage und frage mich, wie die wohl hier früher Kung Fu trainiert haben. Ich mache ein paar Fotos und schon kommen die ersten Touristen und wollen Fotos mit ausländischen Wudang-Schülern machen. Sie fragen, ob sie sich mit mir ablichten dürften und ob ich eine Kung Fu Pose machen könnte. Also gut. Ich stelle mich hin und lass mich ablichten. Die Touristen sind nun glücklich, aber es werden immer mehr. "Hätten wir pro Bild 5 Yuan verlangt, hätten wir jetzt unser Abendessen", sag ich zu Peter. Er lacht.

Nun ist aber genug und wir gehen weiter. Peter geht es nicht gut, da er Antibiotika nehmen muss. Er will wieder zur Akademie zurück. Ok, ich will ihn begleiten. Der Rest der Gang geht mit.

Bei der Runterfahrt überlege ich schon die ganze Zeit: Soll ich oder soll ich nicht. Ich entscheide mich, das ich es tun werde, ich werde den Goldenen Tempel besteigen. 12000 Stufen ohne Gnade. Chris sagt, er geht mit und wird auf mich morgen unten warten. Ich sage "Komm` geh mit", doch er meint das er es nicht packt.

Wir fahren mit dem Bus zur Akademie zurück und den Rest des Weges gehen wir zu Fuß. Das Hauptgesprächsthema ist natürlich meine verrückte Idee. Egal wenn ich frage, keiner will mitgehen, da ja Freitag wieder Training ist.

Jetzt erstmal duschen. Kaum stehe ich unter der Dusche, schreit Chris durch die Räume, "You are stupid, you are crazy!". "Why? What`s wrong?" Er erklärt mir, es morgen heiß wird. "Ja klar wird es heiß", sag ich zu ihm, "es waren die letzten Tage schon immer heiß." Er erwidert: "Morgen wird der wärmste Tag." Gut und weiter? "Morgen wird der wärmste Tag des Jahres hier in Wudang". Ich frage ihn: "Wie warm wird es denn?" "Mindestens 43 Grad!!" Alles klar, jetzt verstehe ich die Aufregung. Ok, das ist wirklich heiß und natürlich doppelt belastend. Aber da wir ja morgen nur freies Training haben, werde ich meinen Trainingstag so nutzen.

Bin gespannt wie es mir geht, wenn ich oben am Tempel ankomme oder ob ich überhaupt ankomme?