Ich stehe auch auf. Komisch, haben die Hunde gestern frei gehabt? Hm. Na dann, raus! Ich bemerke, das heute die ersten Regentropfen fallen. Es wird doch nicht doch mal regnen?
Das Morgenprogramm kennt ihr ja schon. Mittendrin kommen schon wieder ein paar Chinesen zum fotografieren. Ich komm mir schon vor wie ein Vorzeigeobjekt. Danach höre ich eine Stimme „Abschließen!“. Warum denn schon jetzt, denk ich mir. Ich bin doch noch gar nicht fertig. Der Musterschüler meint, der Regen sei nicht gut für Qi Gong. Wir kehren zurück und bereiten uns auf das Vormittagtraining vor.
Gestern ist der Erste schon abgereist. Gerd unser ältester Teilnehmer ist weg. Er ist 58 Jahre alt! Respekt, das er sich noch so etwas zutraut. Er kam zu mir und sagte: "Vielleicht sieht man sich ja mal wieder." Ja, vielleicht. Er ist ein sehr geselliger Mensch. Eigentlich schade das er weg ist. Momentan kommen keine neuen Schüler an. Es ist eine ruhige Phase.
Ach ja, mir geht es auch wieder besser. Ich kann wieder voll ins Training einsteigen. Meine Magenschmerzen sind tatsächlich besser geworden, jedoch fühle ich mich noch etwas Müde.
Die Hütte ist heute total voll, da es Wochenende ist haben wir auch Nachwuchs Kung Fu Kämpfer hier im Training. Von 3 bis 15 Jahre. Sind recht fit die Kleinen. Schaut auch total lieb aus wie die das alles machen.
Wir machen wieder das übliche Standardprogramm. Nur laufen gehe ich heute nicht. Danach mache ich das Basistraining mit. Ich stehe also wieder auf meinem Platz und mache meine Form weiter. Ich fühle mich heute aber irgendwie schlapp und kraftlos. Nun wird die Form zum 999-mal ausgebessert und ich dachte schon ich wäre fertig.
Ich setze mich zu den Kleinen rüber und schau ihnen ein bisschen zu. Einer von denen, er ist gerade mal 5 Jahre alt, muß ständig Rückwärtssaltos machen. Ich beobachte ihn eine ganze Weile. Daneben steht ein älterer Schüler mit einem langen Stock und bestimmt immer und immer wieder, mit einem sehr strengen Ton, wie es der Kleine zu machen hat. Dem Kleinen schießen schon die Tränen in die Augen, aber er versucht es trotzdem immer wieder. Ich habe Mitleid mit ihm, aber das ist die Härte der chinesischen Disziplin.
Nach dem Training gibt es Essen. In der Akademie ist am Tisch kein Platz mehr. Alles ist belegt und so gehe ich mit meinem Essen in die Teeküche. Peter gesellt sich zu mir und fragt mich, wie es mir geht. Er meint auch, das dieses eintönige Essen so schlapp macht. Immer wieder das Gleiche. So nun Pause.
Nach der Mittagsruhe beginnen wir wieder mit der Waffenform. Die Basics werden so lange trainiert bis sie bei allen sitzen. Danach ist freies Training, d.h. jeder soll das üben was ihm gezeigt wurde.
Nach dem Training gibt es Abendessen. Da uns morgen auch Gizem verlässt boykottieren einige das Abendtraining. Sie wollen lieber mit ihr in die Stadt und sie dementsprechend verabschieden. Meuterei! "Na gut, Training wird auf Mitternacht verlegt." "Was? Das ist nicht euer ernst." "Oh doch", meint der Meisterschüler. Ok, ich denke mir meinen Teil, gehe aber nicht mehr in die Stadt, da es mir sonst zu viel wird.
Gizem ist schon sehr lange in China. Sie hat in der Türkei Chinesisch studiert und eine zeitlang in Peking gelebt. Danach kam sie in den Wudang um Kung Fu zu lernen. Sie hat sich auch schon ganz gut gemacht, dafür das sie zum ertsen Mal hier ist. Morgen ist für sie Abreise nach Peking. Dort bleibt sie ein paar Tage und danach geht es für sie weiter nach Istanbul. Man sieht schon, hier ist Multikulti. Nächste Woche kommt zugar ein Schüler aus Kanada.
Viele sind schon über ein Jahr hier. Sie machen nichts anderes als trainieren und das jeden Tag. So wie wir arbeiten gehen, geben die Unterricht und trainieren selber weiter. Das ist schon der Wahnsinn. Ich könnte das nicht, für so eine lange Zeit. Dafür liebe ich zu sehr mein Land, meine Familie, Freunde und Bekannte. Um das Chaos hier mitzumachen, braucht man sehr viel Geduld. Ich glaube, wenn man die Sprache kann dann hat man sicherlich leichter.
Ich möchte aber auch einfach mal wieder eine Pizza, Fetakäse oder Vollkornsemmeln essen. Das gibt es hier nicht. Jeden Tag das gleiche Essen.
Ich wurde von den Jungs hier endlich aufgenommen. Das dauerte zwar ganz schön lange, aber anscheinend wollten sie erst sehen, ob ich fleißig bin. Die faulen chinesischen Mitstreiter mögen sie nicht so recht.
Na dann schauen wir mal wie das Mitternachttraining wird.