Ich weiß gar nicht mehr wie ich mich hinlegen soll. Chris jammert auch schon die ganze Zeit. Er wollte dem Meister weis machen, das er Bandscheibenprobleme hat und eine Matratze braucht. Nichts gibt’s, weiter auf dem Holzbrett schlafen. Irgendwie ist es hier doch lustig. Die arme Sau muss das noch 3 Monate durchmachen.
Das Abendtraining besteht aus 1200 Faustschläge pro Seite und ca. 500 Liegestützen. Ich muss gleich kotzen. Anschließend duschen mit kaltem Wasser. Das mache ich zwar schon die ganze Zeit, aber nach Mitternacht ist das ein bisschen hart.
So, nun schlafen, denn morgen früh geht es weiter und zwar mit laufen und Qi Gong. Die sind ja drauf, wie soll ich jetzt schlafen? Ich bin natürlich hell wach.
Nach unserem Morgentraining verabschieden wir Gizem. Sie wird abgeholt und zum Bahnhof gebracht. Sie war über ein Jahr hier und bei manchen stehen die Tränen schon in den Augen. Ja, da seht ihr mal auch Kung Fu Kämpfer können traurig sein. Irgendwie ist nun eine komische Stimmung hier in der Akademie. Ich glaube, alle müssen sich erst dran gewöhnen, das sie weg ist.
Danach sitzen wir alle in der Teeküche, um uns auf das Vormittagstraining vorzubereiten. Steve erzählt mir, das man sich am Tisch nicht in ein Taschentuch schnäuzen darf, man solle weggehen. "Ok, aber beim Essen darf ich schon auf den Boden spucken?" "Hä, was hat das eine mit dem anderen zu tun." "Naja, ist doch egal.", anworte ich.
Nun ab zum Tempel. Heute sind die Kleinen nicht mehr da, denn sie müssen ja auch in die Schule. Angeblich geht die Schule von Früh bis 21:00 Uhr. Ist ja auch der Hammer und am Wochenende sind die ständig beim Tempel. Haben die keine Familie, frag ich mich.
Das Vormittagtraining ging heute sehr gut. Mir geht es auch viel besser. Komisch vor ein paar Tagen dachte ich, jetzt ist alles vorbei und nun stehe ich schon wieder voll im Saft.
Ich habe meine Formen trainiert und mich danach ein wenig mit Stefan aus Wien unterhalten. Er ist Heilpraktiker (macht Shiazu Behandlungen) und hat anstatt in die Praxis seine Zeit und Geld zu investieren alles in seinen Aufenthalt in Wudang investiert. Er bleibt drei Jahre hier! Wow, das ist eine Lebensaufgabe.
Nach meiner Unterhaltung mit Stefan habe ich vor dem Tempel meditiert. Als ich mit meiner Einheit fertig war, war auch schon Mittag. Nun saßen wir alle am Tisch und drehten die Glasplatte. Ihr müsst euch das so vorstellen, daß jeder seinen Reis in eine kleine Schale füllt. Am Tisch steht eine Glasplatte mit gebratenem Gemüse, welches man sich als Beilage dazufügen kann. Man muss nun ständig diese Platte drehen, damit man an die Sachen herankommt.
Es ist immer sehr lustig, wenn die Jungs von anderen Sachen anfangen zu schwärmen. „Meinst du eine Lasagne aus Deutschland ist haltbar bis hierher?", "Tiramisu wäre doch toll oder Spagetti Bolognese.", "Nein, nein ich will mal wieder eine Pizza“. Da musste ich so lachen. „Hey, habt ihr hier keinen Ofen?“ fragte ich. „Nö, sowas gibt es hier nicht. Man kann sich einen bestellen aber das ist so ein kleines Ding." Ihr seid ja arme Schweine. „Oh ein Dürüm wäre auch geil!“ Naja, das ging so die ganze Zeit.
Nach dem Mittagessen hatten wir noch eine kurze Besprechung mit Meister Shi Fei. Am Donnerstag, unserem freien Tag, müssen wir alle um 13:00 Uhr am Tempel sein. Hä, warum das denn? "Es kommt eine Delegation aus Japan, mit der Presse ,um uns zu besichtigen." Wir sollen uns überlegen was wir vorführen wollen und natürlich ist der Dresscode an diesem Tag: Alle in Klosterkleidung.
Das ist ja interessant. Es gibt hier mindestens 10 Tempel in denen trainiert wird aber die kommen ausgerechnet zu unseren Tempel.
Unsere Köchin ist eine sehr gläubige Buddhistin. Ich habe das schon mal geschrieben, oder? Naja, egal. Also, unsere Köchin ist eine sehr gläubige Buddhistin und geht jeden Abend und jeden Morgen durch die Akademie und segnet die Räume. Sie bittet Buddha uns zu beschützen. "A mi to fu."
Nun habe ich Pause und bereite mich auf mein Nachmittagstraining vor. Das Wetter ist heute im Gegensatz zu den anderen Tagen sehr angenehm. Wir haben nur 35 Grad und ich hoffe es bleibt so. Alle in der Akademie machen sich auf den Weg in die Stadt. "Was ist los?", frage ich Chris. Er hat noch Hunger und außerdem hängt ihm langsam das Essen zum Hals raus. Da muss ich schmunzeln, denn er ist ja noch drei Monate hier. Er hat nicht mal Geld dabei. Er ist nur mit dem nötigsten (Geld) gekommen. Ich kann es nicht glauben und frage ihn nochmal, ob ich ihn richtig verstanden habe. Er sagt, er hätte sein ganzes Geld in die Ausbildung und das Flugticket investiert. "Aha, und von was willst du hier (über)leben?" "Meine Freundin überweißt mir nächstes Monat 200." "Das ist doch gut", sage ich zu ihm. "200 Yuan, mein Freund. 200 Yuan.", antwortet er. Das sind umgerechnet knapp 30 €uro. "Das ist doch lächerlich", sage ich zu ihm und wollte ihm etwas geben, doch er hat es abgelehnt. „Kannst dann ja mit deiner Reisschale betteln gehen“ sagte ich zu ihm. Da musste er selber lachen.
Nun war auch schon das Nachmittagtraining dran. Das Training war heute Bombe. Ich war Energie geladen, voller Motivation und konnte heute wieder alles machen und zwar ohne Probleme. Die Stockform ist sehr schön und umfangreich, aber wir werden wohl bis ich abreise nicht fertig werden. Wir werden sie abrunden.
Nach dem Abendessen geht es weiter mit dem Abendtraining: Chinesisch Boxen. Darauf freue ich mich schon den ganzen Tag, da werden einige nichts zu lachen haben.